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Tagebuch: Wruken an der Ostsee

19.09.2009 12:27, C. Salewski

Es ist merklich kühler geworden. Eigentlich müsste man in der Sonne sitzen, um nicht zu frösteln. Sonne aber bedeutet schlechte Sicht auf den Laptop. Ein Dilemma geradezu existentiellen Ausmaßes also: Frieren oder erblinden. Die Wahlfahrt ist in Wismar auf die fundamentalen Fragen zurückgeworfen.

Das ist natürlich und selbstredend alles kein Vergleich zum Kriegswinter 1916/17. Als in den Schützengräben die Landser bei Minus 22 Grad froren und die Menschen an der Heimatfront ob einer Kartoffel-Missernte hungerten. Damals war es ein Gemüse mit dem wenig einprägsamen Namen Wruken, das viele Leben rettete. Wo die so bezeichnete Steckrübe ursprünglich wech kommt, wie man hier sagt, ist bis heute nicht restlos geklärt. Manche vermuten Skandinavien. Man könnte den Alten Schweden fragen, der gegenüber am Marktplatz ein offensichtlich gut gehendes Restaurant gleichen Namens betreibt. Das ist aber ohnehin eher eine botanische Frage, die uns vom Thema weg-, Pardon, wechführt. Wichtig ist, dass die Wruken alles enthalten, was groß und stark macht: Traubenzucker, Eiweiß, Fett, alles drin, was man braucht.

Und so ist es quasi ein Geschenk des Himmels, dass Frank Hapke direkt neben dem Wahlfahrt-Mobil seine Gulaschkanone in Stellung gebracht hat. Der Mann aus Neubukow verkauft auf dem Wismarer Wochenmarkt Wrukeneintopf. Portion Drei-Fuffzig, mit Wurst vier Euro, „auch zum Mitnehmen“.

Überhaupt kann die Wahlfahrt aus Wismar – Achtung hölzerner Übergang – so einiges mitnehmen. Etwa, dass der Ostseefischer als solcher eher pressescheu ist, wegen der schlechten Erfahrungen undsoweiter. Ein Problem, dass man mit der kommunalen Politik nicht hat. Der Presssprecher der Stadt winkt schon Mal aus seinem Rathaus-Fenster im dritten Stock, wenn man ihn am Telefon hat, und der stellvertretende Bürgermeister kommt spontan ans Wahlfahrt-Mobil, um über die Krise der Werften zu sprechen. Die Werft ist ohnehin das, was die Leute hier umtreibt, ist ihre Zukunft doch mehr als ungewiss.

Von der Mole im Alten Hafen aus blickt man auf die Kräne, die jetzt dem Russen gehören. Eine maritime Skyline zum abendlichen Rotwein. Danach geht es in die Fachhochschule. Genächtigt wird in einem Akt-Atelier zwischen Holzstaffeleien. Die zugehörigen Modelle… ach, lassen wir das. Man muss ja nicht jede kalauernde Steilvorlage und so. Jetzt erst mal Wruken.

 

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