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Tagebuch: Bergfest in Leidingen

04.09.2009 11:41, Malte Göbel

Leidingen ist mit 220 Einwohnern der kleinste Ort, den wir auf der Wahlfahrt09 besuchen – und markiert auch gleichzeitig unser Bergfest: Die neunte unserer 18 Stationen, 23 Tage sind wir schon unterwegs, noch 23 Tage werden es sein.

Doch auch ohne diese von uns hierher getragenen Eigenschaften ist Leidingen ein besonderer Ort. Er ist geteilt, seit dem Ende der Napoleonischen Kriege 1815 – und so leben heute 192 Anwohner in Deutschland, 28 in Frankreich. Getrennt durch eine Straße, die auf der einen Seite “Neutrale Straße” heißt, auf der anderen “Rue de la Frontière”.

Wir werden auf dem Dorfplatz von Ortsvorsteher Wolfgang Schmitt und dem ehemaligen Feuerwehr-Chef Herrn Tasch empfangen, die uns nicht nur das Gemeindehaus zum Schlafen aufschließen (dankenswerterweise, denn Regen ist vorhergesagt), sondern auch nach Frankreich führen – zehn Meter weiter. Dort stehen wir, gehen in uns und fühlen: gar nicht viel anders.

Hier gab es nie ein Grenzhäuschen, werden wir informiert, nie einen Schlagbaum, nur mal motorisierte Patrouillen auf der Grenzstraße. Und bei der Schleier-Entführung hat der Bundesgrenzschutz alles abgeriegelt. Aber sonst laufen die Leute schon immer problemlos von Deutschland nach Frankreich, schon vor Schengen 1992, auch wenn sie damals eigentlich den Grenzübergang im Nachbardorf hätten benutzen müssen. Das Dorf hat zwei Kirchen, aber es feiert seine gemeinsamen Feste auch schon mal auf dem Grenzstreifen, wo dann das größte Festzelt der Welt aufgebaut wird (das von Frankreich bis Deutschland reicht).

In der Nacht schlafen wir im Gemeindesaal unter einem Gemälde, das wohl aus frankophoben Zeiten stammt: Ein etwas deppert guckender welscher Krieger mit Brokat um die Schultern und im Brustharnisch kippt eine Pulle Feuer (sic!) über einen saarländischen Hof, dessen Bewohner vergeblich zu löschen versuchen. Das Gemälde stellt die Bösartigkeit der Franzosen dar und fungiert so als Mahnmal: Früher gehörte Zwietracht gegenüber den Nachbarn zur deutschen Staatsräson, heute ist die Grenze nicht mehr als – eine Straße.

 

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