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Politik auf eigene Faust

30.08.2009 19:40, Paula Scheidt
Sigmaringen_Oscar_Loeffler

Erst seit wenigen Monaten in der Politik: Direktkandidat Löffler (Foto: Milos Djuric)



SIGMARINGEN. Bei der Bundestagswahl treten nicht nur Parteien an. Wer genügend Unterstützer sammelt, kann sich auch als unabhängiger Direktkandidat aufstellen. Einen solchen parteilosen Kandidaten haben wir in Sigmaringen auf dem Marktplatz kennen gelernt, während er auf einem Stehroller Wahlkampf machte.

„Was Politik betrifft, bin ich ein unbeschriebenes Blatt“ sagt Oskar Löffler (49). Er hat erst vor wenigen Monaten beschlossen, in die Politik zu gehen. Nun kandidiert der Agrartechniker bei der Bundestagstagswahl als parteiloser Direktkandidat für den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen (295).

Der Landkreis ist traditionell CDU-regiert. Bei den Bundestagswahlen 2002 und 2005 gewann der christdemokratische Direktkandidat jeweils mehr als 50 Prozent der Stimmen. Unabhängige Konkurrenz gab es nicht, nur Vertreter von anderen Parteien. „Meine Entscheidung zu kandidieren ist ein Kampf zwischen David und Goliath“, sagt Löffler.

Damit der Kampf nicht ganz so aussichtslos ist, hat sich Löffler dem Willi-Weise-Projekt angeschlossen: einem losen Bündnis parteiloser Direktkandidaten, initiiert vom Kuratorium „Neue Demokratie“ mit Sitz in Berlin. Auf der gemeinsamen Homepage haben sich über achtzig Kandidaten ein Profil erstellt. Das Bündnis soll als explizite Nicht-Partei eine Alternative im bestehenden Parteiensystem schaffen. „Dem Willi-Weise-Projekt fehlt alles, was eine Partei auszeichnet“, erklärt ein Sprecher des Bundeswahlleiters. Das soll auch so bleiben. „Wir wollen der Stimme des Volkes mehr Geltung im deutschen Bundestag zu verschaffen“, steht auf der Homepage.

Bürgernähe ist Löffler sehr wichtig, und deshalb führt er seinen Wahlkampf auch in erster Linie mit lokalen Themen. „Viele Politiker in Berlin kennen die Probleme, die uns beschäftigen, gar nicht“, sagt er. Auf Stimmenfang geht er mit einem Segway, einem elektrischen Stehroller. Damit fährt er regelmässig über den Wochenmarkt von Sigmaringen. Vorne am Fahrzeug hat er sein eigenes Wahlplakat aufgeklebt. Die meisten Verkäufer und Passanten kennen ihn bereits.

Was Löffler bewegt: In vielen Stadtteilen habe man keinen Handy- und Internetempfang. Der Ort ist von der Schwäbischen Alb umgeben, deshalb funktionieren die Netze in einigen Lagen nicht. „Ich kenne Familien, die deshalb schon in einen anderen Stadtteil umgezogen sind. Schon mehrfach haben wir uns bei der Stadt beschwert, aber bisher ist nichts passiert“, sagt er. Auch was den Verkehr betrifft, gebe es einige ungelöste Probleme.

In Sigmaringen ist die Bundeswehr allgegenwärtig. Denn hier befindet sich der Stützpunkt der Zehnten Panzerdivision. „Grundsätzlich befürworte ich die Bundeswehr“, sagt Löffler. „Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass unsere Freiheit wirklich am Hindukusch verteidigt wird.“ Deshalb sei er für einen schnellstmöglichen Abzug der deutschen Soldaten. „Ich kenne einige Offiziere, die mir hinter vorgehaltener Hand bestätigen: Wenn die Bevölkerung in Deutschland wüsste, was dort wirklich passiert, wäre die Akzeptanz noch viel geringer.“ Mit der örtlichen Situation ist er aber sehr zufrieden. „Die Soldaten sind hier gut integriert. Um unseren Stützpunkt mache ich mir keine Sorgen. Er sollte ein Vorbild sein für die übrigen Stützpunkte in Deutschland.“

Falls Löffler die Wahl gewinnen sollte, will er sich vor allem für die konkreten Probleme seiner Mitbürger einsetzen. Seine Chancen sind gering, das weiss er. Aber er sagt augenzwinkernd: „Wir wissen ja, wie der Kampf von David gegen Goliath ausgegangen ist.“

Oskar Löffler mit seinem Stehroller auf dem Sigmaringer Wochenmarkt (Foto: Milos Djuric)

Oskar Löffler mit seinem Stehroller auf dem Sigmaringer Wochenmarkt (Foto: Milos Djuric)

 

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