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Herr Schmitt, Oskar und die SPD

05.09.2009 20:09, Malte Göbel

LEIDINGEN. Bei der saarländischen Landtagswahl lagen SPD und Linkspartei fast gleichauf. Nicht schlimm, sagt der Leidingener Ortsvorsteher Wolfgang Schmitt (SPD). Er ist ist Lafontaine-Fan und hofft, dass die beiden roten Parteien langfristig gemeinsame Sache machen.

Als die Stimmen ausgezählt und sortiert waren, war die Überraschung im Wahlbezirk Ihn-Leidingen groß. Neben dem höchsten Stapel (CDU) lagen zwei etwas kleinere, aber gleich hohe Stimmzetteltürme: SPD und Linkspartei. CDU vorne, Linkspartei gleichauf – eigentlich ein Debakel für die SPD. Und eigentlich bitter für Wolfgang Schmitt, der als Ortsvorsteher mit SPD-Parteibuch bei den letzten Kommunalwahlen Zustimmungsraten um 70 Prozent hatte.

Doch Wolfgang Schmitt war nicht schockiert, im Gegenteil: Er freute sich. Denn im Geiste legte er die Stapel von SPD und Linkspartei aufeinander. “Zusammen war das viel mehr als die CDU”, sagt Schmitt.

Wolfgang Schmitt kommt von hier: Geboren in Ihn, Studium in Trier, dann wieder nach Ihn. Er arbeitet in der Kommunikationsabteilung der Dillinger Metallhütte und ist seit 15 Jahren Ortsvorsteher der Dörfer Ihn-Leidingen, die zur Gemeinde Wallerfangen gehören, Landkreis Saarlouis im Saarland. Schmitt hat etwas Vertrauenerweckendes in seiner sonoren Stimme. Im Gespräch berührt der hochgewachsene Mittfünfziger seinen Gegenüber gern an der Schulter, auch das schafft Vertraulichkeit. Er ist beliebt, Ihn und Leidingen haben ihn bei der letzten Wahl mit 80 bzw. 60 Prozent gewählt.

In der Gemeinde von Wallerfangen, zu der Ihn-Leidingen gehört,  lagen CDU und SPD in der Kommunalwahl gleichauf bei etwa 34 Prozent. Darum hat sich die SPD mit der Linkspartei verbündet, die zwölf SPD-Abgeordneten und die vier linken Gemeinderäte kooperieren in Sach- und Personalfragen. Man kennt sich – drei der vier Linken waren früher in der SPD. Wenn es nach Wolfgang Schmitt ginge, würden die Parteien noch enger zusammenarbeiten. So eng, dass am Ende nur noch eine Partei übrig bleibt. Dann wäre die Sozialdemokratie einig und stark – und auch Wolfgang Schmitt wäre mit sich versöhnt.

Denn seit Oskar Lafontaine 1999 aus der Politik ausstieg, seit er 2005 der Linkspartei beitrat und fortan gegen die SPD Wahlkampf machte – seitdem ist die sozialdemokratische Welt im Saarland gestört. Manche SPD-Mitglieder folgten ihrem vormaligen Parteichef und Ministerpräsident zur Linkspartei, andere waren noch wegen des Rücktritts enttäuscht und fühlten sich jetzt doppelt im Stich gelassen von dem Mann, dem sie einst folgten und vertrauten.

Wolfgang Schmitt ging es so. Bei ihm zeigt sich die Zerrissenheit vieler SPD-Mitglieder, beim Thema Lafontaine und Verhältnis zur Linkspartei. Denn wenn die Rede auf Oskar Lafontaine kommt, gerät der Ortsvorsteher ins Schwärmen. “Er hat mich absolut begeistert”, erzählt Schmitt und richtet seinen Blick in die Ferne, erinnert sich, wie er zu Studienzeiten in die SPD eintrat – wegen Lafontaine. “Der mag zwar ein Pfau sein, ein Politstar – aber er hat einfach Format und Ausstrahlung.” Schmitt erzählt von seinen Begegnungen mit dem damaligen SPD-Politiker, der nur acht Kilometer von Leidingen in Oberlimberg sein Haus gebaut hat. “Der fragt die Bauern über den Zaun, wie die Ernte war – aber nicht überkandidelt als Politiker, sondern man nimmt ihm ab, dass es ihn interessiert.” Schmitt erinnert sich auch an die Kanzlerkandidatur Lafontaines 1990, an den Anschlag auf Lafontaine – “Der wurde abgestochen wie ein Schwein. Aber er hat weitergemacht. Ein starker Mann.”

Lafontaines Rücktritt 1999 war für ihn wie für fast alle SPD-Mitglieder im Saarland ein Schock: “Wir haben ein Idol verloren.” Und auch politisch fehle seitdem ein Gegengewicht in der SPD: “Seitdem sind linke Positionen verloren gegangen in der SPD. Die Hartz-Reformen, die Rente mit 67 – Lafontaine hätte das nicht mitgemacht.” Auch das Engagement der Bundeswehr in Afghanistan hält Schmitt für falsch. “Wir verhalten uns wie Besatzer. Wenn ich Bilder von da sehe, bekomme ich auch Angst. Kein Wunder, dass die sich wehren.” In den großen politischen Fragen steht Wolfgang Schmitt also eher der Linkspartei nahe als seiner SPD. “Die Parolen von Lafontaine waren für mich nicht wahrnehmbar anders als vor 15 Jahren.”

Ist er damit nicht in der falschen Partei? Nein, sagt Schmitt. Er hat Vorbehalte gegenüber alten Seilschaften in der PDS/Linkspartei. “Ich traue den Kadern der Ex-DDR nicht”, erklärt er. Und er sei ein “Treuemensch”. So einfach könne er nicht die Partei wechseln, das sei dann “nicht mehr echt”.

Doch spricht für ihn nichts dagegen, dass sich SPD und Linkspartei nun in einer Koalition annähern und vielleicht bald noch enger zusammenarbeiten. Richtung gemeinsame Partei? Schmitt sagt:  “Ich würds gut finden.”

 

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