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Hauptsache, die Haare liegen

15.09.2009 22:08, C. Salewski

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Fotos: Milos Djuric

BREITENFELDE. Die Matte muss eigentlich schon lange ab. Da trifft es sich gut, dass direkt neben dem Kirchplatz, auf dem die Wahlfahrt Station macht, das “Haarstudio Siemers” beheimatet ist. Also zum Klönschnack mit Herrn Siemers.

Siemers ist ein gemütlicher Typ. Und ein einsilbiger. Trockenschnitt oder vorher waschen, will er wissen. Waschen “kost’ fünf Euro mehr”, sagt er. Jetzt will ich erst Recht waschen. Mit der Kopfhaut erfühle ich: Der Mann ist ein Anpacker, einer, der Ergebnisse liefert. Kein unnötiger Schnick-Schnack, norddeutsche Sachlichkeit. Wer feine Kopfmassage will, ist hier verkehrt. Die Haare rubbelt er druckvoll und zielorientiert trocken. “Da drüben geht’s weiter”, sagt er und deutet durch den kleinen Laden.

Seit 1977 betreibt Siemers das Geschäft, er hat es von den Eltern übernommen. Seine Mutter brachte ihm das Handwerk bei. Die Familie Siemers lebt quasi schon immer im Ort. “Seit 1765 oder so”, sagt Siemers. Der 56-Jährige ist rumgekommen. Paris, London, Graz. “Auf Weiterbildung. Muss man machen”, sagt er. Die vergilbten “Diplome” hängen an der Wand. Das aus Paris ist von 1978.

Bis nach Manila kam er. Dort hat er seine Frau kennen gelernt. Seit 20 Jahren sind sie verheiratet. Auch sie schneidet hier Haare.

Siemers greift zur Schere. Ich versuche es mit Politik. Wählen werde er nicht gehen, sagt er, mache er seit 20 Jahren schon nicht. Warum, will er nicht verraten. “Das liegt bei einem selbst.” OK. Recht hat er. Seine Sache. Was hat er denn davor gewählt? Siemers überlegt. Er überlegt sowieso recht lange, bevor er antwortet. Dann hat er seinen Konter gefunden. “Was haben Sie denn gewählt?” “Das sag ich Ihnen nicht.” “Sehen Sie, ich auch nicht.” Punkt für ihn.

Ich mutmaße laut, dass sein Wahlverdruss, was mit Barschel und Waterkantgate und so zu tun haben könnte. Siemers lächelt, sagt aber nichts. Er schnippelt einfach nur fleißig an mir herum. Er habe mal einem Bundestagsabgeordneten die Haare geschnitten. Der kam aus dem Ort. Wie der Mann hieß, will ich wissen. “Weiß ich nicht mehr”, sagt Siemers.

Die Haare sind ab. Siemers raspelt mit einem sehr großen und sehr lauten Elektrorasierer noch die Nackenhaare kurz. Dann ist Schluss. Schade eigentlich.

Ein bisschen aufgetaut ist er in der Viertelstunde. Zum Abschied bietet er mir Fruchtgummi aus einer großen Plastikdose an. Netter Mann der Herr Siemers. Bißchen unpolitisch vielleicht, aber nett.

 

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